Entdecke alle 75 Songs des neuen Albums
Und tauche ein in das musikalische Werk von Marius Müller-Westernhagen
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Die fünfundsiebzig Songs sind Eckpfeiler einer Zeit, die es nicht mehr gibt.
Für einen bürgerlichen Haushalt Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre in einem Land, in einem Deutschland, das es auch so nicht mehr gibt, waren diese Songs zum Teil eine Bedrohung für die Bestandsgesellschaft und ein Weckruf für die damals noch analogen Nicht-mehr-Kinder, die bereit waren, ausbrechen zu wollen, aber nichts von der Welt wissen konnten. Weil es damals, außer der Musik, keine Verbindungen nach außen in die Welt gab.
Musik hatte eine politische und gesellschaftliche Dimension und war dabei, eine Kunstform werden zu können.
Marius sang offen über Sexualität, über Frauen, die angeblich seine „Lunte gefunden“ hatten; ein Text, der Olli Schulz in der Year-End-Sendung von Fest & Flauschig erst im vergangenen Jahr noch immer in den Wahnsinn trieb, als er ihn auswendig in kompletter Länge rezitierte. Und Marius sang auch über Frauen, für die der Junge auf dem weißen Pferd nicht mehr kommt. „Frauen werden nicht entführt, da müsstest du schon selber gehen.“ Das waren harte Wahrheiten, auch die über Hermann, den Stahl-Arbeiter aus Essen, der vorm Fernseher eingeschlafen war.
Es waren oft Rollen, in die er sich versetzte und mit denen er bis heute seine Fans und Hörer irritieren kann. Marius kommt aus Düsseldorf, er war selbst nie der Theo Gromberg aus dem „Ruhrpott“, für dessen Rolle er bis heute als Filmschauspieler gefeiert wird. Im Frühwerk stellt Marius die Figur eines Rebellen dar, aber eben nicht die des amerikanischen Outlaws. Er war vielmehr der freche Regelbrecher aus der Arbeiterschicht, bevor er sich nach „Sekt oder Selters“ dieser Rolle wieder entzog.
Und Marius nahm es auch hin, wenn er missverstanden wurden. Randy Newman hatte es mit „Short People“ vorgemacht, aber „Dicke“ übertraf die Originalidee um Längen und hielt all denjenigen den Spiegel vor, die sich heimlich über andere erheben, aber es eben nie offen tun.
Seinen eigenen Nachruf auf die Karriere, die sich in den nächsten Jahrzehnten vor ihm ausbreiten und entwickeln sollte, hat er bereits im Jahr 1978 geschrieben, bevor die Karriere überhaupt richtig anfing: „Mit 18 rannte ich in Düsseldorf rum, war Sängern in ́ner Rock ‘ńRoll Band...“ und „Jetzt sitz ich hier, bin etabliert und schreib auf teurem Papier ein, ein Lied über meine Vergangenheit, damit ich den Frust verlier ́“.
Mit „Johnny Walker“ und „Alles in den Wind“ fand seine Auseinandersetzung mit den letzten Jahren seines Vaters, Hans Müller-Westernhagen, statt, dem Gründgens-Schauspieler, der traumatisiert aus dem 2. Weltkrieg zurückkam und eben doch nicht mehr zurückkehrte. Und „Giselher“ ist nicht nur das erste Lied der deutschen Rockmusik über eine Liebe zwischen Männer geworden, sondern bleibt bis heute auch einer der intimsten Westernhagen-Titel.
Menschen suchen Vorbilder und im schlimmsten Fall Klischees, mit denen sie bedient werden wollen, aber Marius hat sich dem entzogen. Er ist nicht Everybody ́s Darling geworden, weil er es nicht sein wollte. Er hat eine Meinung, er interessiert sich und mischt sich ein. Er erkennt die Dinge und versteht sie zu beschreiben, zu definieren und zu deuten und ist bereit zu handeln.
Seine frühen Auftritte waren gewaltig und hatten eine gnadenlose Überzeugungskraft, die es bis dato von deutschen Sängern nicht gab. Sein Publikum saugte die Energie auf, später reichte man ihm Kinder auf die Bühne und bevor er sich selbst verlieren konnte, nahm er eigenverantwortlich Abschied von den Stadien, die er als erster deutschsprachiger Künstler betreten hatte, und kehrte sich der Kunst zu, um mit sich selbst eins sein zu können und dürfen und das zu machen, was ihm etwas bedeutete. Bis zum aktuellen Album entwickelt sich der Künstler, durchlebt die Metamorphosen seiner künstlerischen Existenz und macht, was er will.
„Ich hab keine Zeit, dir weh zu tun, ich hab keine Zeit für ein Warum.(...) Ich hab keine Zeit für Vergangenheit, ich hab keine Zeit für keine Zeit.“ In einer Welt voller Abziehbilder macht hier einer einfach weiter und geht seinen Weg. Ein Individualist, ein Künstler epochalen Ausmaßes für die deutsche Kulturlandschaft, einer, dessen Songs sehr, sehr lange bleiben werden.
Als wir im November 2018 mitten in der Nacht aus Woodstock in New York City ankamen und aus dem Taxi vor dem Hotel stiegen, stand da einer vor der Tür und rauchte, der es nicht fassen konnte, dass er plötzlich dem Künstler gegenüber steht, der den Soundtrack seines Lebens geschrieben und gesungen hat. „Held meiner Jugend“ rief der Mann immer wieder, Marius bekam einen Titel verpasst in diesem Moment, wie langjährige Mitarbeiter in Kombinaten der DDR, die „Helden der Arbeit“ oder ähnlich hießen. Marius lächelte und ging an ihm vorbei. Die Vergangenheit interessiert ihn einfach nicht.
Marius ist der intelligenteste, der genaueste, der tiefste, der humorvollste und in vielem aber auch der gerissenste Künstler, den ich kennengelernt habe in den vergangenen 25 Jahren. Der Kampf geht weiter, für ihn, für mich, für uns.
Wie gut, dass es ihn gibt.
Dr. Olaf Meinking - Freund und Manager
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